Artikel: „Gerangel um ein altes Gefängnis“ (Basellandschaftliche Zeitung, 19.4.2006)

Von Aline Pieth


Schällemätteli / Was mit dem geschichtsträchtigen Bau mitten in der Stadt geschehen wird, ist noch nicht restlos geklärt.

Basel. Im Sommer 2004 wurde das Strafgefängnis Schällemätteli am Rande der Innenstadt geschlossen. Die Zellengrösse der 1864 an der Spitalstrasse eröffneten Anstalt entsprach längst nicht mehr den Normen der Europäischen Menschenrechts-Konvention. Das Schällemätteli bot Raum für 114 Gefangenen, von welchen die meisten ihre Strafe in etwa fünf Quadratmeter grossen Zellen absassen.
Sein Name erhielt das Gefängnis von einer Massnahme, die Fluchtversuche verhindern sollte. Noch bis Anfang 20. Jahrhundert wurden die Gefangenen zur Arbeit auf nahe gelegene Felder geschickt. Während dieser Arbeit mussten sie Glocken um den Hals tragen, welche sie im Falle eines Fluchtversuchs verraten sollten. Daraus entstand der Name Schellenwerk oder Schellenhaus, aus welchem später Schällemätteli wurde.

Life-Sciences-Zentrum der ETH ist Favorit
Unklar ist heute, was mit dem Areal Schällemätteli geschehen soll. Es bestehen verschiedene Nutzungsideen. „Einerseits ist der 142 Jahre alte Gefängnisbau gemäss Gesetz eindeutig ein Denkmal und somit schützenswert“, meint Thomas Lutz von der Denkmalpflege. Andererseits sei es wegen der kleinräumigen Struktur des Schällemätteli praktisch unmöglich das Gebäude umzunutzen. „Ich sehe schwarz für den Erhalt des Gebäudes“, sagt Lutz.
Unter anderem sind die ETH Zürich und die Universität Basel an dem Gelände interessiert. Sie wollen auf dem Gebiet ein ETH-Zentrum für Systembiologie, ein Life-Sciences-Zentrum erstellen. „Es liegen aber noch keine konkreten Bauprojekte vor“, sagt Thomas Blanckarts, leiter Projekte im Hochbau- und Planungsamt. „Wann und ob auf dem Gebiet des Schällemätteli gebaut werden soll, ist noch unklar.“ Endgültig müsse das die Regierung entscheiden. Diese sei wohl daran interessiert, mit dem Verkauf des sehr spannend gelegenen Areals Gewinn zu erzielen. Am lukrativsten wäre das Projekt der ETH, deshalb sei es auch wahrscheinlich, dass es bewilligt werde. Der Standort nahe der Universität sei für dieses Projekt ideal, meint Blanckarts.
Seit das Schällemätteli leer steht, wird es von verschiedenen kulturellen Organisationen genutzt. Das Theater Basel führte im Gefängnis ein Stück auf, es fanden Ausstellungen und Konzerte statt. Musikvideos wurden gedreht, im Vorbau gibt es einen Mittagstisch für Kinder und der Filmproduzent Armin Biehler dreht einen Spielfilm (siehe Interview). Im Mai wird es im Gefängnis im Rahmen der Hörspieltage Lesungen von Kriminalromanen geben.

Das Gefängnis wird nie mehr ein Gefängnis werden
Das kursierende Gerücht, das Schällemätteli werde während der Fussball-EM 2008 wieder in Betrieb genommen, dementiert der Sprecher des Sicherheitsdepartements, Klaus Mannhart, vehement: „ Das ist Blödsinn! Gehört habe ich auch schon davon. Das Gefängnis ist definitiv geschlossen und wird nie mehr als solches geöffnet werden. Das wäre viel zu teuer und politischer Schwachsinn.“
Neben all diesen Gerüchten und Projekten um das Schällemätteli ist aber klar, dass der Bau bis Ende 2006 erhalten bleibt. Bis dahin hat das Baudepartement noch offene Nutzungsversprechen mit den verschiednen Zwischennutzern. Auf dem angrenzenden Gelände, auf welchem das Frauenspital Basel steht, soll bis 2010 die gemeinsame Universitäts-Kinder-Klinik beider Basel (UKBB) entstehen. Mit dem Abbruch wird im Frühjahr 2007 begonnen. Der südliche Teil des Schällemätteliareals soll dafür auch geräumt werden.