"Schwarz oder Weiss. Arschloch bleibt Arschloch und der Inhalt ist immer braun."
Roby Schmucker Gefangener


Biographie von BRUNO CATHOMAS

Bruno Cathomas ist am 11.10.1965 in Laax, Schweiz geboren und aufgewachsen. Lehre als Schlosser. Ausbildung an der Schauspielakademie in Zuerich. Lebt heute in Berlin und arbeitet als Schauspieler und Regisseur.

Engagements u.a. am Theater in Basel: »Der Sturm« (Regie: S. Bachmann); »Die Raeuber« (Regie: L.O. Walburg); »Merlin« (Regie: S. Bachmann) und an der Volksbuehne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin: »Einsame Menschen« (Regie: L. Haußmann); »Die Frau vom Meer« (Regie: F. Castorf); »Rosa Luxemburg - Rote Rosen fuer Dich« (Regie: J. Kresnik); »Murx den Europaeer ...« (Regie: Ch. Marthaler). Ausserdem Engagements an den Salzburger Festspielen und den Muenchner Kammerspielen. Arbeit als Regisseur: »Peanuts« von Fausto Paravidino, Maxim Gorki Theater Berlin. Seit der Spielzeit 04/05 festes Ensemblemitglied der Schaubuehne am Lehniner Platz Berlin. Bruno Cathomas hat 1998 den Deutschen Filmpreis des Besten Schauspielers fuer seine Darstellung des Viehjud Levi erhalten.


Filmografie (Auswahl)

Offset /2005/ Regie: Didi Danquart
Utopia Blues /2001/ Regie: Stefan Haupt
LiebesLuder /2000/ Regie: Detlev Buck
Studers erster Fall /2000/ Regie: Sabine Boss
Die Manns - Ein Jahrhundertroman /2000/ Regie: Heinrich Breloer
Viehjud Levi /1998/ Regie: Didi Danquart
Love Game /1994/ Regie: Mike Eschmann
Brennendes Herz /1994/ Regie: Peter Patzak
Die Bettkoenigin /1993/ Regie: G. Bauer
Kinder der Landstraße /1992/ Regie: Urs Egger
Jenatsch /1987/ Regie: Daniel Schmid


Biographie von ROBY SCHMUCKER


Roby Schmucker wird am 1. Januar 1960 in Spreitenbach - einer Trabantenstadt - geboren. Sein Vater - Gaudenz - arbeitet in Zuerich als Kellner. Er kommt urspruenglich aus einem kleinen Ort im Rheintal im Kanton Graubuenden. Die Mutter – Isabella – ist Verkaeuferin in einem Schuhladen. Sie ist die Tochter italienischer Einwanderer, geboren und aufgewachsen in der Stadt Zuerich. Das Kind war nicht gewollt. Der Vater ist 21 und die Mutter 19. Sie kennen sich erst drei Monate, als Isabella schwanger wird. Roby und Isabella heiraten und wollen eine Familie aufbauen.

Als Baby ist Roby sehr zart. Er faengt mit einem Geburtsgewicht von 2'700 Gramm und 42 cm Koerpergroesse an. Er schreit die ersten drei Monate sehr viel. Isabella, seine Mutter, versucht ihn zu stillen, aber irgendwie scheint das nicht zu klappen. Sie stellen sehr schnell auf Flaschenmilch um. Dann macht Roby einen eigentlichen Schub, ist kraeftig fuer sein Alter und der Stolz der Familie. Die Mutter arbeitet halbtags und Roby ist viel bei den Grosseltern muetterlicherseits.

Der Vater von Roby Schmucker wird - als Roby 3 Jahre alt ist - Betriebsleiter eines Nachtclubunternehmens mit vier Lokalen. Der Besitzer ist eine mittlere Groesse im Zuericher Nachtleben. Die Ehe zerbricht. Gaudenz zieht mit einer Taenzerin zusammen. Die Scheidung verlaeuft problemlos. Die Mutter bleibt in der Vorortsgemeinde wohnen. Roby waechst weiterhin bei seiner Mutter und den Grosseltern in der Stadt auf. Zusammen mit seinem Opa besucht Roby gerne den Zoo. Sein Opa weiss viel zu erzaehlen, hat er doch 20 Jahre als Hilfspfleger im Zoo gearbeitet.

Wie vom Gericht festgelegt, darf der Vater den Sohn jedes Wochenende sehen. Gaudenz macht von seinen Besuchsrecht regelmaessig Gebrauch. Mit der Zahlung der Alimente nimmt er es allerdings nicht so genau.

Als Roby in den Kindergarten kommt, faellt er als sehr nervoeses Kind auf. Der Kindergaertnerin erklaert er jeweils das Fernsehprogramm. Es gibt nur einen Sender den deutschsprachigen Schweizer SF DRS 1 und je nach Wetterlage kann noch die ARD empfangen werden. Die Mutter wird von der Kindergaertnerin gebeten, Roby frueher ins Bett zu bringen. Roby malt in Kindergarten gerne und viel, mit anderen Kindern hingegen spielt er nicht gerne. Indessen gefaellt es ihm im Musikkreis, den Roby auf Anraten der Kindergaertnerin besucht.

Als Roby sechs ist, bekommt er eine Schwester. Mit dem neuen Mann lebt seine Mutter ohne Trauschein zusammen. Sie ziehen in eine andere Vorortgemeinde. Der Stiefvater ist Gebrauchtwagenhaendler. Isabella erledigt fuer ihn die Bueroarbeiten. Der Vater akzeptiert Roby nicht, vergoettert hingegen seine Schwester Jessica. Der Besuch im Musikkreis wird mit dem Argument, das sei jetzt zu teuer eingestellt. Roby kommt in die Schule. Er ist anfaenglich sehr scheu. Doch er ist zaeh. In einer Schlaegerei besiegt er Martin, den groessten Jungen der Klasse. Ausserdem faengt er an zu reden. Er erzaehlt Geschichten. Denk sich einen traumhaften Vater aus. Als sie in der fuenften Klasse zum Thema: “Mein schoenstes Erlebnis“ einen Aufsatz schreiben, beschreibt er eine Reise mit seinem Vater in einem Ferrari nach Italien. Die Geschichte ist frei erfunden. In den Klassenverband scheint er nicht integriert zu sein. Spaeter besucht er die Realschule. Seine Mutter hat sich mit ihrem neuen Mann – Walter - das Leben ganz gut eingerichtet. In der Familie redet Roby nicht viel, mit seinem Stiefvater eigentlich gar nicht. Da er nicht auffaellt, kuemmert sich Isabella, seine Mutter, nicht gross um ihn.

Als er 14 Jahre alt wird, wuenscht er sich ein Mofa. Zu Hause traut er nicht zu fragen. Mit seinem Schulkollegen Alexander besorgen sie sich eins. Die Polizei bringt Roby nach Hause. Sein Stiefvater pruegelt ihn windelweich. Mit Alexander versteht er sich seit der Geschichte gut. Sie gehen in der Freizeit Alex' Bruder, der Tuersteher in einer Disco ist, besuchen und trauen sich im Rotlichtmilieu den Prostituierten nachzuschauen. Sie schwaenzen immer oefter die Schule und rauchen Gauloises ohne Filter.

Mit sechzehn schlaeft er das erste Mal mit einer Frau. Die Freundin der Freundin seines Vaters, ebenfalls Taenzerin, verfuehrt ihn in der vaeterlichen Wohnung. Roby hat sich einen Fotoapparat organisiert und fotografiert viel. Er moechte zu einem Fotographen in die Lehre gehen. Doch sein Stiefvater steckt ihn in eine Mechanikerlehre in der kleinen Firma eines Kollegen. An der Drehbank muss Roby Grossserien fertigen. Alexander, sein Kumpel, arbeitet in einer Kabelfabrik. Dieser faengt mit dem Kiffen an und schuettet am Wochenende unheimliche Mengen Wodka in sich rein. Gegenueber Drogen ist Roby vorsichtig. Seinen Lehrlingslohn bessert er mit Ladendiebstaehlen auf. Ueberhaupt zieht er aus einem gelungenen Diebstahl wohltuende Bestaetigung. Es ist das Kribbeln, die Ueberwindung der Angst, das ihn reizt.

Mit 19 schmeisst er im dritten Lehrjahr die Lehre hin. Er haut von zu Hause ab. Seine Mutter weint, dem Stiefvater ist es egal: Im Gegenteil, so hat er seine Ruhe. Es ist die Zeit der Jugendbewegungen. Roby macht an Demonstrationen mit und wohnt in besetzten Haeusern. Im Sommer 1980 spielt er mit der Punk – Band (Dedsurferes) im Autonomen Jugendzentrum. Seiner Musterung entzieht er sich dank einem psychiatrischen Gutachten. Er jobbt hin und wieder als Hilfsarbeiter ueber eine Arbeitsvermittlungsfirma. Allerdings bringen ihm die Ladendiebstaehle fast mehr ein, zumal Alexander sein ehemaliger Kumpel immer einen Abnehmer weiss. Roby verliebt sich in Brigitte, eine Philosophiestudentin, die er auf einer Vollversammlung kennen lernt. Natuerlich zeigt er grosses Interesse an deren politischen Ueberzeugungen.

Auf einer gemeinsamen Reise nach Lateinamerika lernt er die Vorzuege des Kokains kennen. An den Nachteilen zerbricht die Beziehung. Roby wird bei einer Fahrkartenkontrolle in der Strassenbahn verhaftet. Er wehrt sich. Da er in den letzten fuenf Jahren weder eine Steuererklaerung ausgefuellt noch Militaerpflichtersatz bezahlt hat, muss er zwei Monate absitzen. Bei einer Hausdurchsuchung in seiner Einzimmerwohnung findet die Polizei einiges an gestohlener Ware. Roby wird wegen mehrfachen Diebstahls und Drogenbesitz zu 18 Monaten auf Bewaehrung verurteilt. Schon ein dreiviertel Jahr spaeter wird Roby nach einem Autounfall, wobei er Fahrerflucht begeht, verhaftet. Wiederum finden die Ermittlungsbehoerden im Unfallwagen Einbruchswerkzeug und Diebesgut.

Roby ist 25, als er fuer zweieinhalb Jahre ins Gefaengnis muss. Im Gefaengnis knuepft er Beziehungen. Obwohl es hart ist, hoert er mit den Drogen auf und macht Krafttraining. Er gehoert zur Gruppe der “Unternehmer“ im Knast. Allerdings ist er innerhalb der Gruppe eher fuer die kleinen Angelegenheiten zustaendig: Peanuts – wie der Anfuehrer zu sagen pflegt. Als er rauskommt, versucht er als Lagerarbeiter im Kuehlhaus Fuss zu fassen. Nachdem er ueber laengere Zeit zusammen mit einem Kumpel die Eingangspapiere der Lieferungen im Sinne der Fleischmafia faelscht, merkt Roby, dass das Lebensmittelinspektorat von dieser Angelegenheit Wind bekommen hat. Er setzt sich ab. Nicht ohne das Geld aus der Kasse der Zollabfertigungen mitzunehmen: 5'675.- Sfr. Roby wird zur Fahndung ausgeschrieben.

Auf ein Inserat hin „Monteur fuer Auslandeinsaetze gesucht“ bewirbt sich Roby und reist als Hilfsmonteur fuer ein weltweit taetiges Maschinenbauunternehmen in den Arabischen Raum und nach Afrika. In Nigeria schwaengert er eine junge Frau. Roby ist verliebt und gefaellt sich in seiner Rolle als weisser Efendi mit vermeintlich unermesslichem Reichtum. Es geht ihnen gut. Er nimmt Viktoria mit in die Schweiz, die Tochter – Sorelia – bleibt in Nigeria. Die beiden melden sich bei der Einwohnerkontrolle nicht an, denn ein Freund gibt Roby den Tipp, dass er in Abwesenheit wegen geschaeftsmaessigem Betrug und wiederholtem Diebstahl zu 36 Monaten ohne Bewaehrung verurteilt worden ist. Er zeigt ihm die Zeitungsartikel zum “Fleischprozess“. Victoria arbeitet in einer Bar und schafft an. Roby kriegt nicht viel auf die Reihe und saeuft vermehrt. Er wird im Bett verhaftet. Die Polizei hat einen Hinweis bekommen.

Roby tritt mit 30 seine Haftstrafe an. Aus dem Gefaengnis heraus heiratet er seine Viktoria. Die Ehe wird ermoeglicht, da Roby dadurch - so laut dem Gefaengnissozialarbeiter - eine bessere Prognose hat. Die “Unternehmer“ bieten wiederum Schutz und Auskommen, die Ansprueche allerdings werden haerter und Roby hat so seine Zweifel. Trotzdem oder gerade deshalb hat er ziemliche Sprueche drauf und markiert rund um die Uhr. Als er erfaehrt, dass ihn Viktoria mit einem Sittenpolizist betruegt und die Scheidung eingereicht hat, dreht er durch. Er kommt auf die Krankenstation der psychiatrischen Klinik. Er haut ab. Als erstes stellt er Viktoria zur Rede. Roby wird gewalttaetig und verpruegelt seine Frau. Er kehrt freiwillig ins Gefaengnis zurueck. Die Gefangenen sehen in ihm eine Lachnummer, erst abhauen, dann freiwillig zurueckkommen, wo gibts denn so was. Roby kommt in die Arrestzelle.

Mit 33 steht er draussen vor dem Gefaengnis: Ohne Beruf, keine Frau. Viktoria hat sich abgesetzt und arbeitet irgendwo in einer deutschen Grossstadt. Da ist noch der Bruder von Alexander. Alex selber ist an einer Ueberdosis Snowball gestorben. Vom Bewaehrungshelfer vermittelt, arbeitet Roby in einer Grosskueche als Hilfskoch. Bei einem Besaeufnis in seiner Stammkneipe begegnet er einem alten Kumpel aus der AjZ- Zeit. Sie haben damals vor dreizehn Jahren zusammen in der Punk-Band Dedsurfers gespielt. Chris ist Chefrowdy bei einer Konzertagentur. Roby faengt bei ihm an. Das Leben von Konzert zu Konzert zu ziehen gefaellt ihm.

Allerdings setzt ihn der Bruder von Alexander - Ivan - wegen einer Drogengeschichte unter Druck. Roby schuldet ihm Geld. Eines Tages kommt ein Brief von Viktoria: Es gehe ihr gut... beigelegt ein Foto seiner mittlerweile sechsjaehrigen Tochter Sorelia. Roby faellt augenblicklich den Entscheid: Auf nach Nigeria. Doch er ist voellig blank. Er meldet sich krank, besorgt sich eine Gaspistole, zieht sich eine Strumpfmaske an und ueberfaellt die Kasse mit den Tageseinnahmen an dem Konzert, wo er eigentlich arbeiten sollte. Es kommt zu einem Handgemenge mit einem Typen von der Sicherheitsabteilung. Roby kann von Glueck reden: Er entkommt unerkannt, aber auch ohne das Geld.

Seine Mutter und der Gebrauchtwagenhaendler haben vor einiger Zeit am See einen Campingplatz aufgemacht. Roby wird von seiner Mutter ein paar Monate lang in einem Wohnwagen versteckt. Walter ist mit Jessica im Urlaub. Als sein Stiefvater ihn findet, gibt er ihm grosszuegig 24 Stunden Vorsprung, bevor er die Polizei alarmiert. Sein Vater Gaudenz ist ausgewandert und hat sich in der Dominikanischen Republik niedergelassen.

Roby und Ivan klauen einen Golf und fahren beim Juwelier ins Schaufenster. Die Methode funktioniert ganz gut. Sie waehnen sich auf der Erfolgsschiene. Beim dritten Mal mit dem schwarzen BMW geht’s schief. Eine Polizeistreife biegt um die Ecke, als sie gerade im Schaufenster einparken. Ivan schiesst einen Polizist an. Roby bleibt wie erstarrt stehen und laesst sich festnehmen. Ivan kann fliehen.

Roby wird wegen wiederholten schweren Raub in mehreren Faellen zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt. Am 3. September 1999 wird Roby Schmucker zum Haftvollzug ins Gefaengnis Schaellemaetteli ueberstellt.